JOSIP

Als Josip mit einem der ersten Gastarbeiterzüge in Stuttgart ankommt, bringt er außer Speck und Apfelstrudel auch eine eigene Geschichte mit. Seine Vorfahren erlebten den kroatischen Bauernaufstand, den Kampf an der russischen Front im Ersten Weltkrieg, die Gründung Jugoslawiens und das Leben der Partisanen im Zweiten Weltkrieg. Dabei ist Josip seit seiner Jugend bemüht, sich dem archaischen Leben und den Fehden in seiner Familie zu entziehen. Er verlässt das heimatliche Zagorje; auf seinem Weg liegen eine erste und eine zweite Liebe, eine Wahlfamilie, aber auch Vorbilder, die ihn immer wieder enttäuschen und schließlich dazu zwingen, einen Weg für sich ganz allein zu finden.

Es ist eine Legende, dass Gastarbeiter nur auswanderten, um wirtschaftlich weiterzukommen. Aber dieses Narrativ hat sich festgesetzt, und noch heute geht es vor allem darum, Zugewanderte als Arbeitskräfte zu integrieren. Jede Migrationsgeschichte erzählt aber auch von einer persönlichen Emanzipation – aus patriarchalen Strukturen, Bevormundung, Tradition, Enge. An der Schwelle zum neuen Leben verdichten sich die Erfahrungen zur Erzählung von Herkunft. Diese halben Lebensgeschichten, von denen wir oft kaum etwas wissen, haben mehr mit uns gemeinsam, als wir vermuten. Eine solche Geschichte erzählt der Roman Josip